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Food Noise verstehen: Wenn sich alles nur ums Essen dreht

Kennst du das Gefühl, dass sich deine Gedanken ständig ums Essen drehen, obwohl du eigentlich satt bist? Dieses innere Rauschen wird als Food Noise bezeichnet und kann sehr belastend sein, wenn es den Alltag bestimmt.

Wir zeigen dir, was hinter Food Noise steckt, warum es entsteht und geben dir Tipps gegen Food Noise. Finde jetzt mehr dazu heraus, warum du ständig Essen im Kopf hast und welche Strategien dagegen helfen. 

Das Wort „HUNGER“ besteht aus bunten, mit Zuckerguss verzierten Keksen auf einem hellgrünen Hintergrund und steht symbolisch für Food Noise und ständige Gedanken an Essen.


Food Noise beschreibt das ständige Kreisen der Gedanken um Essen, selbst wenn kein echter Hunger besteht.

Food Noise: Was ist das?

Immer ans Essen denken, dauerhaft, zwanghaft und oft unabhängig vom tatsächlichen Hungergefühl. Dafür steht der Begriff „Food Noise“ (auf Deutsch etwa Lärm ums Essen oder Essensrauschen). Die Gedanken drehen sich nur ums Essen: Was wird als Nächstes gegessen? Welche Lebensmittel sind erlaubt, welche tabu? Selbst direkt nach einer Mahlzeit hören diese Gedanken oft nicht auf. Dabei müssen diese Gedankenschleifen nicht immer bewusst stattfinden. Viele Menschen erleben auch eine Art passiven Gedankenstrom, der im Hintergrund mitläuft, ohne dass sie ihn aktiv wahrnehmen. Gerade diese unbewussten, leisen Impulse können das Gefühl verstärken, vom Thema Essen dauerhaft begleitet zu werden.

In den letzten Jahren hat der Begriff zunehmend Aufmerksamkeit erlangt, da viele Menschen berichten, dass dieses ständige gedankliche Kreisen um Essen ihre Lebensqualität stark beeinflusst – es kann sich bei Food Noise um ein Symptom einer Essstörung handeln1. Forschende versuchen inzwischen, das Phänomen besser zu verstehen und wissenschaftlich zu fassen. Ein zentraler Ansatz ist dabei die Untersuchung der sogenannten „food cue reactivity“, also der Reaktion auf innere und äußere Reize, die mit Essen in Verbindung stehen, etwa Gerüche, Bilder, Emotionen oder Routinen. Das sogenannte CIRO-Modell (Cue–Influencer–Reactivity–Outcome) beschreibt, welche Faktoren bestimmen, wie stark Menschen auf solche Essensreize reagieren und wie diese Reaktionen ihr Essverhalten und langfristig auch ihr Gewicht beeinflussen können2.

Kurz gesagt
: Food Noise ist kein bloßes Gedankenspiel, sondern spiegelt komplexe psychologische und neurobiologische Prozesse wider, die unser Essverhalten prägen und möglicherweise gezielt beeinflusst werden können.

Wie entsteht Food Noise?

Warum manche Menschen stärker von Food Noise betroffen sind als andere, ist noch nicht abschließend geklärt. Forschende gehen jedoch davon aus, dass mehrere Faktoren zusammenwirken3. Ein wichtiger Auslöser scheint restriktives Essverhalten zu sein. Wer stark auf seine Ernährung achtet, Kalorien zählt oder bestimmte Lebensmittel bewusst meidet, beschäftigt sich automatisch häufiger mit dem Thema Essen. Besonders dann, wenn die Motivation dahinter der Wunsch nach Gewichtsreduktion ist, kann das ständige Nachdenken über erlaubte oder verbotene Lebensmittel Food Noise verstärken.

Auch psychologische und soziale Einflüsse können eine Rolle spielen. In Kulturen, in denen Schlankheit als Schönheitsideal gilt, ist der Druck groß, das eigene Essverhalten zu kontrollieren. Diese ständige Selbstbeobachtung kann dazu führen, dass Essen übermäßig viel Raum im Denken einnimmt. Menschen, die aufgrund gesellschaftlicher Erwartungen, familiärer Dynamiken oder eigener Unsicherheiten versuchen, ihr Essverhalten besonders stark zu steuern, erleben Food Noise häufig intensiver.

Auch die Vermutung, dass Food Noise ursprünglich eine biologische Erinnerungsfunktion hatte, wird in der Untersuchung genannt. So wie Durst uns signalisiert, dass der Körper Wasser braucht, könnte Food Noise früher ein Signal gewesen sein, Nahrung zu suchen, sobald sie verfügbar war. In einer Welt, in der Essen jederzeit zugänglich ist, wird dieser Mechanismus jedoch schnell belastend.

Food Noise kann außerdem eng mit emotionalem Essen zusammenhängen. Stress, Frust oder unangenehme Gefühle verstärken oft die gedankliche Beschäftigung mit Essen4 und können so einen Kreislauf aus emotionalem Essen und weiterem Food Noise in Gang setzen.

Hinzu kommt ein weiterer zentraler Aspekt, der in der Erfahrung vieler Betroffener eine große Rolle spielt: Essen wird häufig zu einem Mittel, um Kontrolle auszuüben oder loszulassen, wenn im übrigen Leben zu viel Verantwortung getragen werden muss. Manche Menschen versuchen über ihr Essverhalten zumindest einen Bereich ihres Alltags zu steuern, während andere durch den hohen Druck in Beruf, Familie oder persönlichen Beziehungen das Gefühl entwickeln, diese Kontrolle nicht mehr aufrechterhalten zu können. Beide Erfahrungen, der Wunsch nach Kontrolle und der Verlust davon, können dazu führen, dass Essen gedanklich ständig präsent ist und Food Noise weiter verstärkt wird.

Was tun gegen Food Noise?

Gedanken an Essen loswerden kann sich als schwierig erweisen. Um dich von Zwangsgedanken und Heißhunger abzulenken, kann es hilfreich sein, wenn du dich mit deinen Hobbys oder durch Hausarbeit beschäftigst. Auch wenn du dir bewusst Zeit zum Genießen nimmst und deine Mahlzeiten achtsam zu dir nimmst, kannst du Food Noise entgegenwirken5

Bei uns erfährst du mehr zum Konzept des intuitiven Essens, hierbei lernst du, wieder auf die Signale deines Körpers zu hören, also Hunger und Sättigung bewusst wahrzunehmen und ihnen zu vertrauen. Intuitives Essen hilft dir, eine gesunde und entspannte Beziehung zu Lebensmitteln aufzubauen, ohne starre Regeln oder Schuldgefühle. Wenn du mehr über konkrete Strategien und Tipps erfahren möchtest, findest du in unseren FAQ weitere Antworten.

kathrin

Mein Name ist Kathrin

Seit ich klein bin, gibt es wichtige Familienmitglieder in meinem direkten Umfeld, die mit ihrem Übergewicht, Vorurteilen und Stigmata zu kämpfen haben. Es ist mir eine große Herzensangelegenheit, Menschen mit Adipositas zu helfen und über die chronische Erkrankung aufzuklären. Niemand sollte mit diesem Thema alleine sein, sondern die nötige Unterstützung und Hilfe finden. 

Häufig gestellte Fragen zu Food Noise

Wie unterscheidet sich Food Noise von echtem Hunger oder Sättigungssignalen?

Echter Hunger ist ein körperliches Signal dafür, dass dein Körper neue Energie braucht. Du erkennst ihn an Anzeichen wie Magenknurren, einem Energietief, Konzentrationsschwierigkeiten oder einem angenehmen Ziehen im Bauch. Wenn dein Körper genug Nahrung bekommen hat, zeigen sich Sättigungssignale: Das Hungergefühl lässt nach, du spürst ein leichtes Völlegefühl und fühlst dich zufrieden. Diese Signale werden durch die Hormone Ghrelin (Hunger) und Leptin (Sättigung) gesteuert und sind deutlich körperlich spürbar.

Food Noise dagegen entsteht im Kopf, es sind aufdringliche, oft zwanghafte Gedanken rund ums Essen, die selbst dann auftauchen können, wenn du eigentlich satt bist. Typische Gedankengänge zeigen sich nicht nur in Fragen wie „Was esse ich als Nächstes?“ oder „War das jetzt zu viel?“, sondern auch in vertrauten, sehr alltäglichen Überlegungen wie „Sollte ich nicht doch noch eine Portion nehmen?“, „Wenn ich das esse, darf ich das andere aber nicht mehr essen“ oder „Vielleicht esse ich lieber noch schnell etwas, bevor ich gehe, sonst bekomme ich unterwegs Hunger“. Viele Menschen stellen fest, dass sich Food Noise nicht nur in solchen bewussten Gedanken zeigt. Vieles passiert eher im Hintergrund, fast wie ein stiller Film oder einzelne Bilder, die sich von selbst im Kopf abspielen, ohne dass man sie aktiv denkt.

Dazu gehört zum Beispiel, gedanklich durch den Kühlschrank zu gehen, sich schon vorab durch die Online-Speisekarte zu klicken oder unbewusst zu registrieren, was andere essen. Diese leisen, passiven Impulse machen Food Noise oft besonders schwer greifbar, weil sie kaum bewusst gesteuert werden können und dennoch dauerhaft präsent sind. Auslöser dafür können Stress, emotionale Belastungen, Diäten, starre Ernährungsregeln oder äußere Reize wie Werbung und Essensgerüche sein. Im Gegensatz zu echtem Hunger hat Food Noise damit nichts zu tun, was der Körper wirklich braucht, sondern entsteht durch mentale Muster, die leicht zu übermäßigem Essen führen können. Viele Betroffene berichten zudem, dass diese gedankliche Dauerpräsenz ein scheinbares Hungergefühl erzeugt. Es fühlt sich an wie echter Hunger, obwohl der Körper keinen Bedarf hat, und äußert sich oft in intensiven Cravings, die sich nur schwer einordnen oder kontrollieren lassen.

Welche Hormone spielen beim Hungergefühl und Sättigungssignal eine Rolle?

Essen und Hormone sind in einem engen Zusammenspiel verbunden. Wir wollen dir an dieser Stelle einen Überblick der hormonellen Gründe hinter dem Hungergefühl geben.

Als „Hungerhormon“ wird Ghrelin bezeichnet, welches zum größten Teil in der Magenschleimhaut gebildet wird. Dieses signalisiert dem Gehirn ein Hungergefühl, wenn der Magen länger leer ist. Beeinflusst wird die Bildung von Ghrelin auch davon, wenn Essen angeschaut oder gerochen wird6. Auch die Verbrennung von Kalorien wird durch das Hormon gehemmt, wodurch die Fettspeicher oder Fettreserven im Körper gefüllt werden7.

Dieser Zusammenhang hilft zu erklären, warum es nach Diäten schwierig sein kann, das gesunkene Gewicht zu halten. Bei einem starken Gewichtsverlust steigt auch der Ghrelinspiegel stark an, da der Körper „versucht, den Gewichtsverlust rückgängig zu machen“8.

Dem „Hungerhormon“ Ghrelin steht das „Sättigungshormon“ Leptin gegenüber. Dieses wird im Fettgewebe gebildet und vermittelt dem Gehirn ein Sättigungsgefühl. Dadurch wird weniger gegessen, während die Aktivität des Stoffwechsels steigt. Das Ghrelin-Leptin-Zusammenspiel wäre nicht vollständig, ohne auch die Auswirkungen dieses Hormons auf das Gewicht zu nennen. 

Beim Zusammenhang zwischen starkem Übergewicht und einer verminderten Wirksamkeit von Leptin spricht man von einer Leptinresistenz. Es kann beispielsweise vorkommen, dass das Leptin die Zielzellen nicht mehr erreicht oder die Anzahl oder Empfindlichkeit der Leptinrezeptoren (LEP-R) kann vermindert sein. Darüber hinaus kann die Funktion nachgeschalteter Signalwege gestört sein. Auch genetische Faktoren sowie Störungen in der Regulation der Leptinsynthese können eine Rolle spielen9. Eines ist klar, die Ursachen der Leptinresistenz sind komplex: Neben einem möglicherweise eingeschränkten Leptintransport über die Blut-Hirn-Schranke werden zunehmend weitere Mechanismen und bislang unbekannte Signalwege diskutiert10.

Welche weiteren Hormone sind am Sättigungsgefühl beteiligt?

Neben Ghrelin und Leptin beeinflussen auch andere Hormone unser Hunger- und Sättigungsgefühl. Sie wirken im Zusammenspiel zwischen Verdauungstrakt, Gehirn und Stoffwechsel und sorgen dafür, dass wir Nahrungsaufnahme und Energiehaushalt im Gleichgewicht halten. Zu den wichtigsten zählen:

  • Insulin: Nach der Aufnahme von Kohlenhydraten wird Insulin aus der Bauchspeicheldrüse freigesetzt, um den Blutzuckerspiegel zu regulieren. Darüber hinaus wirkt Insulin auch im zentralen Nervensystem: Es dient als Signal für ausreichende Nährstoffverfügbarkeit und hemmt über eine Reduktion dopaminerger Aktivität im Striatum die Motivation, Nahrung zu suchen oder weiterzuessen. Dadurch unterstützt Insulin die Sättigung und trägt dazu bei, die Nahrungsaufnahme zu verringern11.
  • Peptid YY (PYY): PYY wird nach der Nahrungsaufnahme in den Blutkreislauf freigesetzt. Hierbei ist die Konzentration abhängig vom Energiegehalt der aufgenommenen Nahrung. Eine Stunde nach dem Essen ist die höchste Konzentration an PYY im Blut erreicht. In Untersuchungen zeigt sich (sowohl bei Nagetieren als auch bei Menschen) eine Hemmung der Nahrungsaufnahme über mehrere Stunden bei der Verabreichung von PYY12.
  • Cholezystokinin (CCK): CCK wird im Dünndarm gebildet, wobei die höchsten Konzentrationen im proximalen Abschnitt zu finden sind. Seine Freisetzung wird durch das Vorhandensein von Fett und Protein im Verdauungstrakt ausgelöst. Nach der Ausschüttung bindet CCK an Rezeptoren im Magen-Darm-Trakt sowie im Nervensystem und führt dazu, dass die Magenentleerung verlangsamt wird und frühe Sättigungsempfindungen auftreten. Da CCK bereits etwa 15 Minuten nach einer Mahlzeit in den Blutkreislauf gelangt und nur relativ kurze Zeit wirkt, beeinflusst es vor allem das Sättigungsgefühl innerhalb einer Mahlzeit und gilt als das Verdauungshormon, das am stärksten mit der Sättigung während des Essens verbunden ist13.


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Quellen
  1. Dhurandhar, E. J., Maki, K. C., Dhurandhar, N. V., Kyle, T. K., Yurkow, S., Hawkins, M. A. W., Agley, J., Ho, E. H., Cheskin, L. J., Sørensen, T. I. A., Wang, X. R. & Allison, D. B. (2025a). Food noise: definition, measurement, and future research directions. Nutrition And Diabetes, 15(1), 30. https://doi.org/10.1038/s41387-025-00382-x
  2. Hayashi, D., Edwards, C., Emond, J. A., Gilbert-Diamond, D., Butt, M., Rigby, A. & Masterson, T. D. (2023). What Is Food Noise? A Conceptual Model of Food Cue Reactivity. Nutrients, 15(22), 4809. https://doi.org/10.3390/nu15224809
  3. Dhurandhar, E. J., Maki, K. C., Dhurandhar, N. V., Kyle, T. K., Yurkow, S., Hawkins, M. A. W., Agley, J., Ho, E. H., Cheskin, L. J., Sørensen, T. I. A., Wang, X. R. & Allison, D. B. (2025b). Food noise: definition, measurement, and future research directions. Nutrition And Diabetes, 15(1), 30. https://doi.org/10.1038/s41387-025-00382-x
  4. What is ‘food noise’ and how can you stop it? (2025, 29. Oktober). BBC Food. https://www.bbc.co.uk/food/articles/food_noise
  5. Taylor, I. (2025, 3. August). Why „food noise“, not willpower, could be the key to weight loss. BBC Science Focus Magazine. https://www.sciencefocus.com/the-human-body/food-noise-willpower-weight-loss
  6. Gesundheitskasse, A.-. D. (2022, 16. September). Leptin und Ghrelin: So steuern sie unseren Appetit. AOK - die Gesundheitskasse. https://www.aok.de/pk/magazin/koerper-psyche/stoffwechsel/leptin-und-ghrelin-so-steuern-sie-unseren-appetit/
  7. Auf dem Weg zu einem Wirkstoff gegen Adipositas. (o. D.). Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren. https://www.helmholtz.de/newsroom/artikel/auf-dem-weg-zu-einem-wirkstoff-gegen-adipositas/
  8. Cummings, D. E., Weigle, D. S., Frayo, R. S., Breen, P. A., K, M., MA, Dellinger, E. P. & Purnell, J. Q. (2002). Plasma Ghrelin Levels after Diet-Induced Weight Loss or Gastric Bypass Surgery. New England Journal Of Medicine, 346(21), 1623–1630. https://doi.org/10.1056/nejmoa012908
  9. Obradovic, M., Sudar-Milovanovic, E., Soskic, S., Essack, M., Arya, S., Stewart, A. J., Gojobori, T. & Isenovic, E. R. (2021). Leptin and Obesity: Role and Clinical Implication. Frontiers in Endocrinology, 12, 585887. https://doi.org/10.3389/fendo.2021.585887
  10. Izquierdo, A. G., Crujeiras, A. B., Casanueva, F. F. & Carreira, M. C. (2019). Leptin, Obesity, and Leptin Resistance: Where Are We 25 Years Later? Nutrients, 11(11), 2704. https://doi.org/10.3390/nu11112704
  11. Schur, E. A. & Tong, J. (2021). Insulin Action to Inhibit Food Intake: Is It All in Your Head? The Journal Of Clinical Endocrinology & Metabolism, 107(2), e874–e876. https://doi.org/10.1210/clinem/dgab661
  12. Roux, C. W. L. & Bloom, S. R. (2005). Peptide YY, appetite and food intake. Proceedings Of The Nutrition Society, 64(2), 213–216. https://doi.org/10.1079/pns2005427
  13. Warrilow, A., Turner, M., Naumovski, N., Somerset, S., Warrilow, A., Turner, M., Naumovski, N. & Somerset, S. (2022). Role of cholecystokinin in satiation: a systematic review and meta-analysis. British Journal Of Nutrition, 129(12), 2182–2190. https://doi.org/10.1017/s0007114522000381


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